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Elektrotechnik
IPH-Kurs "Lichtbogenschutz"
ep6/2001, 2 Seiten
Notwendigkeit des Personenschutzes Wesentlichster Punkt des Kurses war der Schutz von Personen gegen Lichtbogenauswirkungen. Immer wieder wurde betont und war zu erkennen, dass die ordnungsgemäße Gestaltung und Typprüfung der Anlagen bzw. Schaltschränke die erste und eigentlich wichtigste Komponente der Schutzmaßnahmen ist. Man muss es selber erlebt haben, mit welcher Urgewalt ein Lichtbogen alles zerfetzt, was nicht richtig dimensioniert wurde oder sich unvorsichtigerweise bzw. zufällig in seinem Einflussbereich befindet (Bilder und ). Zum Glück sind es nur wenige Elektrofachkräfte, die einen solchen Anschauungsunterricht in der Praxis erhalten. Wer derartiges erlebte, war sicherlich ebenso beeindruckt wie die Kursteilnehmer, mancher aber leider zu spät. Eigentlich sollte jeder, der Anlagen mit einem solchen Energiepotential (Kurzschlussströme über 5 kA) errichtet, prüft oder wartet, solche Vorführungen selbst erleben können und dann die Folgen (Bild ) unmittelbar vor Augen haben. Nur so wird ein Elektrotechniker wirklich zu einer Elektrofachkraft, die „ ... aufgrund (ihrer) ... Kenntnisse und Erfahrungen ... mögliche Gefahren erkennen kann“ (BGV A2). Nur dann verhält man sich gegenüber den elektrischen Anlagen ausreichend respektvoll. Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 6 486 Report IPH-Kurs „Lichtbogenschutz“ Gemeinsam mit dem Institut „Prüffeld für elektrotechnische Hochleistungstechnik“ (IPH) veranstaltete die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik einen Kurs „Lichtbogenschutz“. Den Teilnehmern wurde eine gelungene Kombination theoretischer Erläuterung und praktischer Demonstration der Lichtbögen geboten. Störlichtbogen (400 V, 10 kA) beim unsachgemäßen Wechseln einer NH-Sicherung. Die Vorderseite der betreffenden Person (Dummy) wird vollständig erfasst Foto: J. Vogler, IPH Demonstration der Wirkung eines in einem Schaltschrank gezündeten Lichtbogens - ersichtlich ist, dass auch hierbei das Tragen von Schutzkleidung notwendig ist Foto: H. Glabsch, IPH Persönliche Schutzausrüstungen Eindringlich mahnte ein Referent: „Bei Arbeiten an unter Spannung stehenden Anlagen mit einem Kurzschlussstrom · bis 5 kA - unbedingt einen Arbeitsschutzanzug aus Baumwolle, Handschuhe und vollständigen Gesichtsschutz benutzen, · über 5 kA - einen vollständigen, bezüglich seiner Schutzwirkung hochwertigen Schutzanzug tragen · über 15 kA - möglichst nicht durchführen. Eindrucksvoll bestätigt wurden diese Aussagen durch die Versuche mit den Stoffmustern, die für Arbeitsschutzanzüge verwendet werden. Welchen Anforderungen diese Anzüge zu widerstehen haben und wie die dafür zu verwendenden Stoffe demzufolge beschaffen sein müssen. Das wurde durch die Firma Schümer in einem Vortrag dargelegt sowie im Versuch überzeugend demonstriert. Die Probe des nach ihrem Verfahren hergestellten Stoffs war im Gegensatz zu anderen Mustern auch nach einem in 30 cm Abstand gezündeten Lichtbogen von etwa 10 kA (15 kA) über 1 s zwar beschädigt, aber über die ganze Fläche noch durchgängig vorhanden und in der Lage, eine Person vor schweren Brandwunden zu schützen (s. a. Tafel , Bild ). Weitere Versuch mit Lichtbögen noch höherer Stromstärke und längerer Zeitdauer zeigten dann, dass ein Schutz gegen ihre Auswirkungen mit vertretbarem Aufwand nicht erreicht werden kann. Steigende Anzahl von Lichtbogenunfällen Die Wahrscheinlichkeit, dass innere Fehler von Schaltanlagen zu Lichtbögen und somit zur Gefährdung von Personen führen steigt an. Ursachen hierfür sind · die immer kompaktere Bauweise der Anlagen mit immer höherer Schutzart und den damit verbundenen Konsequenzen für Kriech-/Luftstrecken und Erwärmung, · das Bestreben, bei den Schaltgerätekombinationen das unmittelbare Prüfen durch Analogieschlüsse zu ersetzen (partielle Typprüfungen), · die unsachgemäße Bestückung/ Aufrüstung von Schaltfeldern/ Verteilern usw. entgegen den Angaben der Hersteller, · das Unterschätzen der Folgen innerer Fehler durch jene Fachkollegen, die mit diesen Anlagen umzugehen haben. Desweiteren wird aus den verschiedensten Gründen immer häufiger an unter Spannung stehenden Anlagen gearbeitet. Immer öfter stehen die für den Arbeitsschutz Verantwortlichen und auch die betroffenen Elektrofachkräfte selbst vor der Frage: ,,Welcher Arbeitsschutzanzug schützt wirklich gegen einen Lichtbogen mit der in unserer Anlage möglichen Kurzschlussstromstärke von xx kA?“ Aus diesen Gründen ist es wünschenswert, dass der Besuch eines Lichtbogenkurses oder einer mit derartigen Praxisvorführungen verbundenen Information, zum Pflichtprogramm der Unterweisung aller Elektrofachkräfte gehört, die Energieanlagen errichten, prüfen oder warten. K. Bödeker Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 6 487 Report Tafel Auswirkung eines Lichtbogens auf Stoffproben Stoffprobe Lichtbogen Auswirkung Baumwollstoff 4 kA, 1 s vollständig abgebrannt zweilagiger Schümerstoff 10 kA, 1 s obere Lage zerstört (Bild ) ES 322 untere Lage erhalten 15 kA, 1 s beide Lagen verschwunden zweilagiger Schümerstoff 15 kA, 1 s obere Lage zerstört ES 322 und B 86 untere Lage erhalten Zerstörungen an NH-Sicherungsunterteilen durch Lichtbogeneinwirkung Zweilagige Stoffprobe ES 322 nach einer Beanspruchung mit 10 kA über 1 s; erste Lage zerstört, zweite Lage erhalten und verrußt Fotos: K. Bödeker
Autor
- K. Bödeker
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