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Energietechnik/-Anwendungen | Veranstaltung | Elektrotechnik

Berliner Energietage - Energiesparen ergänzt innovative Energietechnik

ep9/2004, 2 Seiten

Mit etwa 30 Fachvorträgen und Diskussionsrunden boten die Berliner Energietage erneut einen guten Einblick in aktuelle juristische, technische und Marketingprobleme bei der Umgestaltung der Energieversorgung. Der folgende Bericht informiert beispielhaft über weltweit wachsende Klimagefahren durch verstärkte Kohlendioxid-Emissionen und insbesondere über gemeinsame Bemühungen europäischer Länder, auch durch Energiesparmaßnahmen einen Beitrag zur Minderung der eigenen CO2-Emissionen zu leisten.


Zunehmendes Interesse an der Energiepolitik Bereits im Vorfeld der Veranstaltung wurde deutlich, dass der in Europa eingeleitete Wandel der Energieversorgung an Aktualität gewonnen hat. So wachsen in China fast explosionsartig die Stromerzeugung mit Kohlekraftwerken und damit die klimagefährdenden CO2-Emissionen. Gleiche Wirkung hat dort der Autoverkehr, der nach Worten von Prof. Klaus Töpfer, Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, täglich um 11000 Kfz-Neuzulassungen wächst. Gleichzeitig verstärken der Film „The Day after Tomorrow“, der endlose Streit um die Aktualisierung des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG) und die jüngst in Bonn durchgeführte „Internationale Konferenz für Erneuerbare Energien“ (EE) das Wissen über die Umweltgefährdung. Darüber hinaus mehren sich auch die Zweifel an einer dauerhaften und bezahlbaren Energieversorgung mit fossilen Energieträgern. Krisenhafte Entwicklung in erdölreichen Regionen verstärken diese Zweifel und unterstützen die Bemühungen, in Europa u. a. bis zum Jahr 2020 mindestens 20 % des Strombedarfs mit EE abzudecken. Zunehmend meldet sich die einschlägige EE-Branche zu Wort und unterbreitet Vorschläge, wie dieses Ziel überboten werden kann. Bremser aus der Energiewirtschaft und dem Bundeswirtschaftsministerium fürchten allerdings wohl nicht zu unrecht die hohen Kosten und Rückwirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung. Stein des Anstoßes ist erneut die Windenergie - das wohl strittigste Problem des eingeleiteten Energiewandels, das aber im Programm der Berliner Energietage keinen Platz fand. Energiewandel in Europa Nicht wenige Vorträge machten deutlich, dass auch auf dem Gebiet der Energieversorgung in Europa eine einheitliche Linie verfolgt wird. Die Ziele sind gleich: Wirtschaftlichkeit, zuverlässige und qualitätsgesicherte Versorgung, CO2-arm und damit klimafreundlich sowie der Trend, die Importabhängigkeit der europäischen Staaten bei der Energieversorgung zu reduzieren. Dabei kann die EU schon auf viele in den letzten Jahren ausgebaute Beziehungen wie den Stromaustausch über das europäische Verbundnetz hinweisen. Er ist nicht nur Basis für den Stromhandel, sondern auch eine zuverlässige Stromversorgungsbasis ohne großflächige Stromausfälle wie unlängst in den USA oder in Italien. Um diese Ziele zu erreichen, erarbeiten die national zusammengesetzten europäischen Gremien gemeinsame Zielvorgaben und Richtlinien zur Umsetzung. Die von Rat und Parlament bestätigten einschlägigen Dokumente werden anschließend in angemessener Frist von den Regierungen der Mitgliedsländer in nationales Recht umgesetzt. EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz Die erläuterte Verfahrensweise gilt auch für die EU-Richtlinie „Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“, die bereits am 4.1.2003 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde. Auf dem Weg zur Umsetzung in nationales Recht in Deutschland informierte insbesondere H. J. Hegner vom zuständigen Bundesministerium über die Konsequenzen, die sich aus dieser, in max. drei Jahren eingeführten Richtlinie ergeben. Grundlage der Bewertung ist die seit Februar 2002 in Deutschland gültige Energieeinsparverordnung (EnEV), die ähnlich wie die Richtlinie auf Senkung des Jahres-Primärenergiebedarfs abzielt und auch Aspekte wie die energetische Qualität der Gebäudehülle, die Effizienz des Heizungssystems und der Anlagen zur Warmwasserbereitung, die Bewertung von Lüftung und Luftdichtheit sowie die Einbeziehung von EE berücksichtigt. Insgesamt gibt es eine weitgehende Übereinstimmung zur EnEV und damit zur Rechtslage in Deutschland. Änderungsbedarf besteht nach Hegner auch nicht zu den für jedes Gebäude geforderten Energieausweisen. Sie müssen über die energetische Qualität von Gebäuden und über die damit verbundenen warmen Betriebskosten verständlich und verbraucherfreundlich Auskunft geben. Nach diversen Vorarbeiten läuft seit November 2003 in Deutschland ein Feldversuch in über 3500 Gebäuden, in dem Mieter und Experten einbezogen sind. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) begleitet diesen Test bis zur Normung und zur künftigen Gestaltung des Passes. Schilder und Pässe sollen dann in Neubau und Gebäudebestand mit geringen Unkosten Mieter und Vermieter (auch bei der Vermietung) helfen und spätere Investitionen unterstützen. Eine echte Veränderung der geltenden Rechtslage dürfte jedoch die von der EU geforderte Erweiterung um Vorgaben für Beleuchtung und Klimatisierung bedeuten. Das Ministerium will aber die Einbeziehung dieser Endenergieverbraucher auf Nichtwohnungsgebäude begrenzen. In Vorbereitung der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie laufen noch Grundsatzuntersuchungen. Das betrifft insbesondere die Bewertung der Gesamtenergieeffizienz von neuen Wohngebäuden mit mehr als 1000 m2 Nutzfläche, über die Dr. E. Helmstädter vom Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken an der TU Berlin referierte. Ziel ist die technische, wirtschaftliche und ökologische Bewertung so genannter alternativer Heizsysteme (BHKW, Brennwertkessel mit solarer Trinkwassererwärmung, Wärmepumpe, Bio-Kessel für Pellets und Fernwärme). Eine abschließende Bewertung war allerdings noch nicht möglich. Gleiches gilt für ein ähnliches Projekt, an dem 10 europäische Länder beteiligt sind. Schwerpunkt ist hier die Verbesserung der Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 9 684 BRANCHE AKTUELL Berliner Energietage Energiesparen ergänzt innovative Energietechnik Mit etwa 30 Fachvorträgen und Diskussionsrunden boten die Berliner Energietage erneut einen guten Einblick in aktuelle juristische, technische und Marketingprobleme bei der Umgestaltung der Energieversorgung. Der folgende Bericht informiert beispielhaft über weltweit wachsende Klimagefahren durch verstärkte Kohlendioxid-Emissionen und insbesondere über gemeinsame Bemühungen europäischer Länder, auch durch Energiesparmaßnahmen einen Beitrag zur Minderung der eigenen CO2-Emissionen zu leisten. Nur wenige wissen, wofür sie die meiste Energie verbrauchen 91,6 % der Deutschen halten Energiesparen für sehr wichtig bzw. wichtig. Wenn es dagegen um die eigenen vier Wände geht, spielt das Thema eine wesentlich geringere Rolle (71,8 %). Dies ergab eine Emnid-Umfrage, die im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur Gmb H (dena) durchgeführt wurde. Ein weiteres Ergebnis: Auch wer energiebewusst ist, spart trotzdem oft am falschen Ende. Viele schätzen ihren Energieverbrauch im Haushalt falsch ein und verschwenden dadurch Geld und Energie. Stephan Kohler, dena-Geschäftsführer: „Wo Schalter betätigt und Autos betankt werden, ist Energieverbrauch sicht-und spürbar. Der Anteil des privaten Energieverbrauchs für Heizung und Warmwasser wird meist deutlich unterschätzt“. Die Umfrage zeigt, dass die großen Einsparpotentiale im Gebäudebereich den meisten Menschen nicht bewusst sind. Die Befragung ergab, dass fast 40 % aller Menschen in Deutschland der Ansicht sind, dass die meiste Energie in privaten Haushalten für Elektrogeräte verbraucht wird. Aber: 46 % der von Privathaushalten verursachten CO2-Emissionen sind auf Heizung und Warmwasser zurückzuführen. Grafik: dena Gesamtenergieeffizienz im Gebäudebestand (Mehrfamilienhäuser der 50er und 60er Jahre). Die Arbeiten werden 2004 abgeschlossen. Energieeffizienz bei Stromanwendungen Wie die Tagung bestätigte, ist der sparsame Umgang mit Energie ein unverzichtbares Element, um die CO2-Emissionen schon in diesen Jahren im notwendigen Umfang zu reduzieren, die Kosten zu senken und die endlichen primärenergetischen fossilen Energieträger zu schonen. Das gilt nicht nur für Wärme, sondern auch für die Edelenergie Strom und beginnt - wie gezeigt wurde - bei der Stromerzeugung (Wirkungsgraderhöhung). Dazu gehört die Stromreduzierung auf der Verbraucherseite im industriellen Bereich. Beispiele sind effektive Druckluft- und Kühlanlagen sowie drehzahlverstellbare Antriebe für Pumpen und Ventilatoren. Ein noch viel größeres Einsparpotential ist die effiziente Stromnutzung in privaten Haushalten, ein Schwerpunkt des Beitrages von Annegret-Cl. Agricola, Projektleiterin für dieses Gebiet bei der dena. Sie berichtete über die seit 2002 laufende Initiative Energie Effizienz, die gemeinsam mit dem Handel und dem ZVEH sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und den Verbänden der Energiewirtschaft durchgeführt wird (vgl. ep 9/03, S. 654-653). Ziel ist nach wie vor die Beeinflussung des Kauf- und Nutzungsverhaltens bei haushaltrelevanten Stromanwendungen. Das betrifft nicht nur den Stand-by-Stromverbrauch (insbesondere von Geräten der Unterhaltungselektronik sowie der Informations- und Kommunikationstechnik). Stromeinsparungen sind ebenso durch eine effiziente Beleuchtungstechnik erreichbar, die u. a. soweit möglich auch das Tageslicht optimal nutzt. Während mit diesen Schwerpunkten auch der Bürobereich angesprochen wird, ist die Nutzung effektiver Haushaltgroßgeräte („weiße Ware“) im Wesentlichen nur ein Thema für den privaten Haushalt. Der Bericht zur Zwischenbilanz ist umfangreich, beschränkte sich aber zunächst nur auf die Aktivitäten zur Entwicklung des Interesses der potenziellen Käufer. So wurde eine bundesweite Presse- und Medienkampagne gestartet. Das Ergebnis: mehr als 2000 Medienberichte und im Printsektor eine themenspezifische Auflage von mehr als 150 Mio. Exemplaren. Darüber hinaus wurden die TV-Werbung „Stromeo und Julia“ mit dem um die Energiespartage erweiterten Sicherheits-E-Check einbezogen. Ein modifizierter TV-Spot ist für die Zeit vom 27.9. bis 29.10.2004 angekündigt. Unterstützt werden diese Aktionswochen durch zusätzliches Material für Innungen, Partner-Unternehmen und Fachbetriebe. Nach dena-Angaben nehmen bundesweit mehr als 6000 Verkaufsstätten des Einzelhandels und des Elektrohandwerks an der Kampagne teil. Sie werden dabei von 5,5 Mio. leicht verständlicher Verbraucherbroschüren unterstützt. Erhöhen der Energie-Effektivität in der EU Bei den im Rahmen der Initiative Energie Effizienz geführten Gesprächen mit Verbrauchern hat sich häufig ein Informationsdefezit über den eigenen Stromverbrauch als Hemmschwelle herausgestellt. Dabei wirkt erschwerend die unterschiedliche Form der Rechnungslegung durch die frei gewählten Stromlieferanten. Deshalb hat die EU den Mitgliedsländern bereits im vorigen Jahr die Rahmenrichtlinie 54/EG Energieverbrauchskennzeichnung vom 26.6. zwecks Umsetzung in nationales Recht übergeben. Seit Ende März liegt eine maßgeblich von dena und VDEW (Verband der Elektrizitätswirtschaft) ausgearbeiteter Entwurf vor, der nach Überarbeitung einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wird. Die Endfassung wird Teil des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG-Novellierun 2004). Auch die Energieeffizienz bei Stromanwendungen wird für Europa aus der EU-Zentrale gesteuert. Das betrifft insbesondere Kennzeichnung und Eigenschaften wie Energieeinsparungseffekte für die auf dem europäischen Markt miteinander konkurrierenden Erzeugnisse der einzelnen Länder. Niedrig-Energiehaus im Bestand Ähnlich wie bei der Stromanwendung gibt es auch im Wohngebäudebestand ein gegenwärtig weitgehend ungenutztes CO2-Minderungspotential. Das betrifft, wie die Energietage erneut bestätigten, den sanierungs- und modernisierungsbedürftigen Gebäudebestand. Wie Ute Czylwik von der dena berichtete, wurden mehr als 75 % der über 38 Mio. Wohnungen in Deutschland vor 1979 errichtet. Gleichzeitig hat sich das Neubau-Volumen, für das der EnEV-Niedrighausstandard ja in erster Linie geschaffen wurde, in den letzten zehn Jahren immer mehr verringert. Die Fachleute sind sich einig, dass in den nächsten Jahrzehnten der Wohnungsneubau weiterhin stagniert. Ursachen sind insbesondere die demographische Entwicklung mit Geburtenrückgang, anhaltende Abwanderungen in Stadtnähe und Veränderung der Erwerbsbiographien. CO2-Emissionsminderungen sind daher im Gebäudebereich vor allem dann erreichbar, wenn die Altbauten auch energetisch saniert und modernisiert werden. Allerdings verzeichnet die dena trotz einer bereits in vergangenen Jahren gestarteten Fördermaßnahme nur geringe Erfolge bei der CO2-Minderung im sanierten Gebäudebestand. Um den Rückstand aufzuholen, startete sie im vorigen Jahr ein ganzes Bündel von Aktivitäten. Ziel ist der kostenoptimierte Einsatz erprobter Techniken (bis hin zu Passivhaustechnologien). Das bedeutet u. a. die Modernisierung von mindestens einem Objekt nach Niedrighausstandard KfW-60 pro Bundesland. Inzwischen beteiligen sich bundesweit mehr als 20 Wohnungsbaugesellschaften an diesem Pilotprojekt (25 Teilnehmer mit 62500 m2 Wohnfläche und über 1100 Wohneinheiten). Baubeginn ist 2004. Zwei Jahre später sollen das Planungshandbuch „KfW-60 im Bestand“ vorliegen und eine zweite Projektwelle gestartet werden. Nach der Sanierung darf der Primärenergiebedarf pro m2 und Jahr bei höchstens 60 kWh liegen, gleichbedeutend mit einer Reduzierung um etwa 80 %. Weitergehende Modernisierungen auf 50 kWh/m2a oder sogar 40 kWh/m2a werden angestrebt. Bereits heute steht die Website www.neh-im-bestand.de als Informationsquelle zum Projektfortschritt zur Verfügung. Entsprechend der bei Sanierung und Modernisierung erforderlichen Gewerkestruktur wendet sich die dena bei ihrer Wissensvermittlung vor allem an das mittelständische Baugewerbe und das Handwerk. Von besonderem Interesse für Elektroplaner und -handwerker dürften u. a. konventionelle und Brennstoffzellen-BHKW, Wärmepumpen sowie Solaranlagen sein. Das gilt nicht nur für geförderte PV-Anlagen. Auch die Solarthermie steht zur Auswahl an. H. Kabisch Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 9 686 BRANCHE AKTUELL

Autor
  • H. Kabisch
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